ZOOM 6/1997
Oktober
1997

Liebe Leserin, lieber Leser!

Statt eines langen Editorials unsererseits diesmal eine Kritik und ein Anfrage zwei­er Leser. Wir wünschen noch einen sonnigen Sommer und die nötige Ausdauer bei der Lektüre der umfangreichen Artikel.

Die ZOOM-Redaktion

Liebe Freundinnen,

als langjähriger EKG und jetziger ZOOM-Leser schätze ich Eure Zeitschrift sehr und hoffe, daß es Euch trotz bzw. ohne Publizistikförde­rung noch längere Zeit geben wird. Gerade im Bereich des Antimilitarismus habt Ihr immer eine äußerst reflektierte Haltung und viel Sach­kenntnis bewiesen. Umsomehr wundert es mich, daß Ihr den Artikel von Robert Pichler über Albanien unkommentiert bringt. Also se­he ich mich gezwungen meinerseits ein paar kleine Anmerkung anzubringen.

Zunächst finde ich die historisch soziale Analyse der albanischen Gesellschaft und die Hintergründe, welche zum Volksaufstand im Frühjahr führten, sehr informativ und auf­schlußreich dargestellt. Es wird klar verständ­lich, welche Kräfte in Europa ein Interesse an einer Stabilisierung der politischen Lage unter einem Staatschef Berisha haben, der ja alles an­dere als ein demokratisch legitimierter Reprä­sentant ist, nicht einmal in einem bürgerlich-­kapitalistischen Sinn. Sehr klar wird dabei, daß es lediglich um die Inszenierung einer kapita­listischen Marktwirtschaft geht und nicht etwa um Demokratie und Pluralismus ge­schweige denn um das Wohl der albanischen Bevölkerung. Hier werden die Bruchlinien ei­ner bürgerlich demokratischen Kultur sehr deutlich, gerade aber daß Profitinteressen im­mer noch über die Menschenrechte gehen. In unseren bürgerlichen Meden geht es ja in Bezug auf Albanien auch immer nur um die Schein­gefechte und Schattenboxen zwischen der De­mokratischen Partei und der sogenannten so­zialistischen Opposition. In Wahrheit soll dabei nur das System stabilisiert werden. Welche Machtklüngel sich dabei am Staat bereichern dürfen, ist ja im Grunde unerheblich (man er­innere Sich an Tucholskys Aussage bezüglich eines sozialistischen Wahlsiegs in Deutschland: sie glaubten sie wären an der Macht, dabei durften sie nur regieren). Auch die sogenannten Sozialisten, die aus der stalinistischen Büro­kratie hervorgingen, ebenso wie die Demo­kraten unter Berisha, der ja übrigens Leibarzt von Enver Hoxa war. Insofern verwundert mich der Schluß des Autors, der da meint, „daß dieses fatale Szenario eine massive Intervention des Westens erfordern wird, (...) will man Al­banien nicht dem inneren Zerfall preisgeben“.

Welche Macht soll dabei stabiliert werden und in welchem Interesse? Warum wird die Tatsache verschwiegen, daß sich in weiten Tei­len des Landes Bürgerkomitees gebildet ha­ben. Warum kommt von diesen Bürgerkomi­tees bisher niemand zu Wort. Ist es wirklich für Journalisten so schwierig, mit ihnen Kontakt zu nehmen oder liegt dabei ein Gesamtplan zu Grunde, nämlich diese unisono als Mafiosi und kriminielle Banden zu diffamieren, um die ach so demokratische bürgerliche Ordnung und Markwirtschaft wieder herzustellen. Selbst Franz Vranitzky mußte sich dem beugen, als er wie auch immer um objektive Ausgewogen­heit bemüht, ursprünglich auch mit Vertrete­rinnen der Bürgerkomitees im Süden des Lan­des sprechen wollte. Wer hat ihn dabei zurück­gepfiffen? Sicher wohl nicht Berisha selber, sonst würde sich ja seine Vermittlerrolle ad ab­surdum führen. Eine Information am Rande, die zur Lösung des Rätsels beitragen könnte: Berisha ist mit seiner Partei Mitglied der EDU und Du-Freund Alois Mocks.

Um mich nicht falsch zu verstehen, ich finde es notwendig, daß eine linke Zeitschrift unterschiedliche Positionen und Meinungen bringen soll, ja ich glaube, dies ist eine Grun­derfordernis für eine gelebte partizipative De­mokratie. Diskussionen sind, auf einem lo­gisch reflektiertem Niveau ausgetragen, im­mer befruchtend und ermöglichen erst die Hinterfragung eigener Positionen. In diesem Sinn sei auch meine Kritik zu verstehen.

Mit solidarischen Grüßen,
Euer Georg Wiesinger

Liebe Freunde,

ich entdeckte als Internet-Neuling eure sym­pathische Adresse. Als ehemaliger Widerständler und Deserteur im 2. Weltkrieg bin ich ab und zu aktiv. Ich suche in Zusammen­arbeit mit dem holländischen Journalisten Willem de Haan, Groningen, (erster Total­verweigerer der Niederlande) Kontakte bzw. Adressen von ehemaligen Deserteuren, die wie ich in schweizer Militärinterniertenlagern (Witzwil, Stalden, Murimoos) interniert wa­ren. Könnt Ihr mir helfen?

Herzliche Grüße,
Peter Schilling
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