FORVM, No. 452-454
Juli
1991
Wiener Landesgericht: Kurzer Prozeß

Im Namen der Republik

Am 23. Mai, kurz vor halbelf, wurde G.O. verurteilt, wegen angeblicher „Beschimpfung“ des „freiheitlichen“ Parteiführers und Landeshauptmanns von Kärnten. Das Verfahren geht, schon wegen seiner hübschen Analogie zur Causa Grabher-Meyer, an die Berufungsinstanz und, wenn nötig, auch wieder nach Straßburg.
Hier die Hauptverhandlung im Wortlaut, das heißt ungekürzt.

Doris Trieb: Dr. Böhmdorfer und ...

Georg Krainer: Dr. Georg Krainer (wird unverständlich leise)

Doris Trieb: Ja, zuerst einmal die Frage nach einem Vergleich, gibts eine, gibts etwas, was so ausschaun könnte, daß Sie sich entschuldigen, daß Sie dieses Schimpfwort, es ist ja nichts anderes ...

G.O: Ich sag, es ist was anderes.

Doris Trieb: Bitte?

G.O: Ich sag, es ist was anderes.

Vernehmung zur Person ...

Doris Trieb: Aha, (zur Schriftführerin) Kein Vergleich. — Sie heißen also Gerhard Oberschlick, geboren?

G.O: Dreißigster achter zwoundvierzig.

Doris Trieb: Wo?

G.O: In Irschen.

Doris Trieb: Österreicher, von Beruf Journalist, ja? Ich weiß nicht?

G.O: Ich gebe eine Zeitschrift heraus. Wenn das Journalist heißt, dann von mir aus.

Doris Trieb: Also gut, dann Zeitschriftenherausgeber. Welches Einkommen haben Sie?

G.O: 180.000 Schilling Jahreseinkommen.

Doris Trieb: Ihr Familienstand?

G.O: Geschieden.

Doris Trieb: Sorgepflichten für Kinder?

G.O: Drei Kinder.

Doris Trieb: Dann — wir brauchen auch den Vornamen Ihrer Eltern.

G.O: Der Vater Karl, Mutter Agathe.

Doris Trieb: Wie — haben Sie Vorstrafen?

G.O: Ich glaub’, im Moment nicht, nein.

Doris Trieb: Nein. Sie sind nach dem Medien- äh, -gesetz bzw. nach dem, also Ehrenbeleidigungsvorstrafen haben Sie keine?

G.O: Die letzte medienrechtliche Verurteilung war im Jahre 1984, Dezember ’84, ich nehm’ an, daß das als getilgt gilt, da ist es rechtskräftig geworden, im Dezember ’84.

Doris Trieb: Ja, nachdem wir noch keine Personaldaten hatten, konnten wir auch noch keine Strafkarte beschaffen.

G.O: Aber ich nehm’ an, daß das automatisch getilgt ist, ...

Doris Trieb: Ja, ja ...

G.O: ... Antrag hab’ ich da keinen g’stellt ...

Doris Trieb: Mhm, ja, müßte dann getilgt sein.

G.O: Gut, das war ’84 ...

Doris Trieb: Gut ...

G.O: Das reift heute in Straßburg ab.

Doris Trieb: Sie sind der Verfasser dieser inkriminierten Zeilen, nehm’ ich an, gewesen.

G.O: Ja. Darf ich vielleicht etwas hinzufügen, weil Sie g’fragt haben nach Sorgepflichten. Die Sorgepflichten sind ja gerichtlich festgelegt worden und betragen für die drei Kinder zusammen siebentausend monatlich.

Doris Trieb: Ja.

G.O: Entschuldigung. Ich bin der Verfasser.

... und zum „Trottel“

Doris Trieb: Sie sind der Verfasser. Ja. Und daß „Trottel“ ein Schimpfwort ist, üblicherweise, ist Ihnen bekannt, nehme ich an.

G.O: Es ist mir bekannt, daß „Trottel“ auch ein Schimpfwort ist.

Doris Trieb: Auch ein Schimpfwort. Ja, was soll es denn sonst noch sein?

G.O: In diesem gegenständlichen Fall ist es die in meinen Augen adäquate Bezeichnung eines dargestellten Zusammenhangs.

Doris Trieb: Ja, es is eh der Schriftsatz eingebracht worden.

G.O: Ich hab’s ja mit einem „deshalb“ nicht mutwillig verknüpft mit einem bestimmten, dargestellten Ausspruch, der unbestritten ist, und nehme an, daß nicht ein Wort, das im Duden steht, schlechterdings als Schimpfwort verboten sein kann.

Doris Trieb: Hm. (zum Privatanklagevertreter) Haben Sie da eben irgendeine Frage?

Dieter Böhmdorfer: Nein.

Doris Trieb: Keine?

Dieter Böhmdorfer: Nein. Nur den Schriftsatz wollte ich sehen.

Doris Trieb: Ah, den Schriftsatz, ja, das ist eine Beschwerde. Das ist nur einfach eingebracht worden.

Dieter Böhmdorfer: Aso.

Doris Trieb: Eine Beschwerde gegen die Veröffentlichung nach 37.

Dieter Böhmdorfer: Aso. Dann wollt’ ich nur, Fragen hätt’ ich schon.

Doris Trieb: Bitte.

Dieter Böhmdorfer: Waren Sie dabei bei dem Ulrichstreffen? Selbst dabei?

G.O: Nein, ich war nicht am Ulrichsberg.

Dieter Böhmdorfer: Bei einem anderen?

G.O: Bitte?

Dieter Böhmdorfer: Bei einem anderen Ulrichstreffen, waren Sie dabei?

G.O: Nein.

Dieter Böhmdorfer: Wissen Sie, wer ...

G.O: Sollte ich dort sein?

Dieter Böhmdorfer: Nein, nein. Ich frage nur nach dem, was vielleicht passiert sein könnte. Waren Sie bei einem anderen Ulrichstreffen dabei?

G.O: Nein, ich war nie bei einem Ulrichsbergtreffen.

Dieter Böhmdorfer: Danke.

Georg Krainer: Ich wollte nur fragen: Ist das FORVM tatsächlich beigelegt worden?

Doris Trieb: Das FORVM ist auch da, nicht.

Georg Krainer: Ja, ich hab’ nur eine Frage. Worauf, Herr Oberschlick, haben Sie denn eigentlich den Ausdruck „Trottel“ bezogen. Haben Sie hier jetzt einfach den Herrn Privatankläger schlechthin gemeint, oder haben Sie einen Zusammenhang ...

G.O: Ich hab’ mich bemüht, sorgfältig zu unterscheiden zwischen einer Bezeichnung, die dem Privatankläger zukommt, wegen einer bestimmten Äußerung, die läßt sich wörtlich zitieren, die ist wörtlich in seiner gleichfalls wörtlich abgedruckten Rede enthalten, die er am Ulrichsberg gehalten hat. Und hab’ mich sorgfältig bemüht, es zugleich zu unterscheiden von einer Gesamtwertung des Herrn Privatanklägers, den ich genau so oft, wie ich das Wort „Trottel“ verwende, als „nicht blöd“ würdige. Ich bin nicht der Meinung, daß er schlechterdings ein Trottel ist‚ ich bin aber der Meinung, daß diese Äußerung trottelhaft ist, und indem er sie getan hat, hat er sich in diesem Punkte zum Trottel gemacht. Soll ich jetzt diese Äußerung wiedergeben, dann nehm’ ich nämlich auch ein FORVM in die Hand und tu’s vorlesen, damit ich mich nicht ...

Doris Trieb: Nein, Wir haben’s jetzt nicht.

G.O: ... irre.

Doris Trieb: Wir haben’s jetzt nicht ...

G.O: Ja?

Doris Trieb: Nämlich, wir haben’s jetzt nicht, das FORVM.

Georg Krainer: Na, es muß schon klar sein, welche Äußerung er meint, nicht, weil ja das in der Anklage auch nicht genannt wird.

Doris Trieb: Ja, die Äußerung ist klar, das geht sowieso klar daraus hervor, worauf es sich bezieht. Das FORVM liegt ja bei. Wir brauchen da jetzt kein FORVM verlesen, also...

Georg Krainer: Nein, Wir wollen jetzt schon gern die Äußerung verlesen, weil, damit das klar ist, weil da hier das Ganze unterschlagen wird in der Privatanklage [... Die Richterin fällt dem Verteidiger ins Wort, beide unverständlich. —]

G.O: Ich zitier’ das jetzt aus der Rede des Herrn Privatanklägers: „Meine Damen und Herren, geistige Freiheit ist in einer Demokratie etwas Selbstverständliches, aber sie findet dort ihre Grenzen, wo Menschen jene geistige Freiheit in Anspruch nehmen, die sie nie bekommen hätten, hätten nicht andere für sie den Kopf hingehalten, daß sie heute in Demokratie und Freiheit leben können.“ Im Zusamenhang der Rede sind diese „anderen“, die „den Kopf hingehalten“ haben, sehr eindeutig „unsere Soldaten“, unter Anführungszeichen, die von mir stammen, es sind das die „Angehörigen der Soldatengeneration“, also die Angehörigen der Deutschen Wehrmacht, von denen ich nicht weiß, warum sie „unsere“ Soldaten sind und zu denen jedenfalls der Dr. Haider auch nicht zählt, das heißt, daß er sich selbst aus dem Gebrauch, aus dem Anspruch, geistige Freiheit zu gebrauchen, selbst ausschließt, und das ist — also logisch ausschließt, ja —‚ und dafür ist dieser Ausdruck meines Erachtens durchaus angemessen.

Doris Trieb: Ja, ich meine, dieser Zusammenhang, wie Sie das jetzt bringen, das ist mir klar, ja. Es ändert nur — es ist eine reine Rechtsfrage, das kann ich jetzt schon erörtern — nichts daran, daß es halt ein Schimpfwort ist, nicht. Ich mein’, da kann man nicht argumentieren ...

G.O: Sie sagen, Wörter ...

Doris Trieb: ... es ist ein Schimpfwort und aus.

G.O: Sie sagen, ein Wort ...

Doris Trieb: Das ist eine reine Rechtsfrage, die wir hier zu beantworten haben, sonst nix, das bringt net viel, wenn wir jetzt stundenlang über den Trottel reden.
Es ...

G.O: Frau Rat, ist das jetzt, ist das eine Verlautbarung oder ist das ein Diskussionsangebot?

Doris Trieb: Na, das ist kein Diskussionsangebot.

G.O: Das ist eine Verlautbarung, Ihre Meinung?

Doris Trieb: Ja.

G.O: Ist in Ordnung, ja.

Georg Krainer: Ja, ich habe vorläufig keine weiteren Fragen an den Beschuldigten, stelle aber den Antrag, weil ... — Der Herr Privatanklagevertreter hat ja die Frage gestellt, ob er dabei war, daraus entnehme ich, daß es — an sich im Widerspruch zur Privatanklage, wo ja gar nicht bestritten wurde, daß der Herr Privatankläger diese Äußerung gemacht hat, daß das an sich ...

Dieter Böhmdorfer: Ich nehme an, daß das richtig zitiert ist.

Georg Krainer: Denn an sich ist diese Äußerung ja unbestritten, nicht inkriminiert. Ich biete aber doch an den Beweis, daß diese Rede vom Herrn Privatankläger tatsächlich so gehalten wurde, wie sie im FORVM abgedruckt ist.

Doris Trieb: Ja, brauchen ... — das wird nicht bestritten ...

Dieter Böhmdorfer: Ich hab’ keine Information, daß es anders wäre.

Doris Trieb: (der Schriftführerin diktierend) Ich habe keine Information, daß es anders wäre.

Georg Krainer: Ich beantrage auch weiter den Beweis dafür, daß die Äußerung des Beschuldigten angemessen ist, insbesondere mit Rücksicht auf die Art und Weise, wie der Privatankläger seinerseits Kritik vorzubringen pflegt, und zwar den Beweis durch die Verlesung diverser dem Gericht noch bekanntzugebender Publikationen von beleidigenden Äußerungen des Privatanklägers.

Doris Trieb: (zum Beschuldigten:) Wollen Sie Platz nehmen, bitte, (zum Privatanklagevertreter:) Sie haben keine Beweisanträge, nehme ich an, die haben Sie schon gestellt (diktiert halblaut der Schriftführerin).

„Nazi“ statt „Trottel“
Plädoyer des Anklägers

Dieter Böhmdorfer: Hohes Gericht. Ja, ein paar Worte müss’ ma verlieren zu dem Soldatentreffen an sich. Das ist nicht irgendein Treffen, so wie es hier zum Ausdruck gebracht wurde oder wie man glauben könnte, wo sich ein paar SS-ler heimlich treffen und dann ihre alten Gedanken wieder aufnehmen, sondern dieses Soldatentreffen ist entstanden aus der Dankbarkeit der aus dem Krieg Heimgekehrten, ungefähr 1950, unter dem Kreuzzeichen, das Heimkehrerkreuz. Aus diesem Brauchtum hat sich dann ein größeres Treffen entwickelt, an diesem Treffen haben, wie schon Jahre vorher, eine Fülle von Soldatenverbänden aus aller Welt, Übersee, bis Neuseeland möglicherweise, teilgenommen. Es ist Tradition, daß dort Politiker diesen Soldaten, die ja nicht einen völligen Unwert darstellen, wie manche glauben* eine gewisse Anerkennung gerade zum Ausdruck bringen. Da waren schon Verteidigungsminister von Österreich dort, andere Landeshauptleute und so weiter. Das Treffen wird genau überwacht, ob irgendwelche nationalsozialistischen Äußerungen fallen. Es ist politisch einfach zulässig, in den Augen mancher vielleicht nicht harmlos, aber es ist einfach eine zulässige Veranstaltung, die man durchaus in zulässiger Art und Weise kritisieren kann, dazu ist jeder eingeladen, und es ist auch geschehen mit den Artikeln in der Zeitschrift: da hat man in der Mitte die Rede des Dr. Haider gebracht, links davon einen sehr aggressiven, zulässig als Kommentar, danach wieder einen Kommentar, und es war dem Herausgeber anscheinend zu wenig. Dann hat er etwas getan, was er als Journalist eigentlich gegen seine innere Überzeugung getan haben muß, weil eleganter Journalismus ist das nicht, es sei denn, es fehlen jemandem die Worte, das Selbe anders auszudrücken, dann wär’s ja zulässig gewesen.

Aber er differenziert selbst in seiner Beschimpfung wie folgt: Er sagt, er nennt den Dr. Haider keinen Nazi, das heißt, er verzichtet auf jede politische Kritik. Er geht auf dieses Feld nicht ein, dort wär’s zulässig gewesen, dort kann man ihm vorwerfen, was er getan hat, was er gedacht hat, was er will, was sein soll. Damit kann man sich beschäftigen, da hätte der Herr Dr. Haider eine Chance gehabt, dagegen sich zu wehren. Nein. Er verläßt dieses Gebiet und geht auf ein anderes Gebiet über, wo der Wahrheitsbeweis, wie er weiß als Journalist, verstellt ist: auf das Gebiet der reinen Beschimpfung, also dort, wo man nur die Mißachtung des anderen zum Ausdruck bringt. „Trottel“. Für „Trottel“ gibt’s keinen Wahrheitsbeweis, ich mein’ das ist eigentlich ein Wissen, das man auch als Nichtjournalist durch die Logik begreift.
Und es ist nicht notwendig, daß man sich auf dieses Gebiet begibt. Also:

Die Kritik war ihm zu wenig, die Beschimpfung schien ihm angemessen, er weiß, was er getan hat, er soll eben, ich unterstelle ihm sogar: ein Gesinnungsgefühl haben, denn ein Wort als Tätigkeit auch beschuldigt hat [?]. Diese Grenze muß man in Österreich einhalten.

Es ist genug großes weites Feld da für Kritik, es sitzen im Saal Personen, die selbst wissen, wie man kritisiert, unheimlich scharf kritisieren, anerkannterweise kritisieren, aber für das bekommt in Österreich ein Journalist, nehme ich an, keine Lorbeeren, so geht’s einfach nicht. Und deshalb glaube ich, es ist jetzt unerläßlich, daß hier eine Bestrafung ausgesprochen wird, zumal der Herr Oberschlick wahrscheinlich weiß, daß der Dr. Haider mit jedem vergleicht‚ der bereit ist, mit ihm ein Gespräch über die Sinnhaftigkeit der Auseinandersetzung zu führen.**

Aber da er diejenigen, die sich, meines Erachtens vielleicht auch ungewollt, dem Verdacht eines gewissen Gesinnungsfaschismus aussetzen — also wenn nicht jemand anderer meine Meinung hat, na, dann gehe ich eben so gegen ihn vor, daß ich ihn beschimpfe —, das ist eben ein Zustand, den auch ein Politiker zulässigerweise, und eine Entwicklung, die ein Politiker zulässigerweise, glaube ich schon, über das Gericht korrigieren muß.

In diesem Sinne beantrage ich eine schuldangemessene Bestrafung.

„Schlechthin, Herr Doktor, schlechthin!“ Plädoyer des Verteidigers

Georg Krainer: Hohes Gericht, es geht, glaube ich, in dem Verfahren überhaupt nicht darum, die journalistische Zweckmäßigkeit der Äußerung zu bewerten, das, bitte, kann an anderer Stelle geschehen. Hier geht es darum, ob diese Äußerung strafrechtlich relevant ist. Und ich bin sehr wohl der Ansicht, daß ein Ausdruck, der mitunter als Schimpfwort Verwendung findet, bitte noch nicht automatisch den Tatbestand einer Beschimpfung herstellen kann. Eine Beschimpfung ist der Ausdruck der Verachtung einer Person schlechthin — schlechthin, Herr Doktor, schlechthin — und kann sich niemals auf einzelne Handlungen beziehen. Und, ja, das steht an sich fest, und dann kann man bitte nicht hergehen und den Ausdruck der Beschimpfung isolieren und von jenen Tatsachen trennen, auf die sie sich bezieht.

Wenn ein Urteil, sei es richtig oder unrichtig, auf einzelne Handlungen bezogen wird — in diesem Fall ist es eine Äußerung —, dann kann es sich aber auch nicht um eine Schmähung handeln, wie Sie es vorgebracht haben in der Anklage, aus dem selben Grund, und das hat der Oberste Gerichtshof schon längst judiziert: daß eine Beschuldigung niemals von jenen Tatsachen zu trennen ist, auf die sie aufbaut. Man kann nicht die Tatsachen einerseits und die Wertung dieser Tatsachen anderseits für sich isoliert beurteilen. In dem Zusammenhang, wie er hier vorliegt, bitte, kommt allenfalls eine üble Nachrede im Sinne des zweiten Deliktsfalles in Betracht, aber eben nicht auf Grund des Ausdruckes, des wertenden Ausdruckes, sondern eben allenfalls aufgrund der hier vorgeworfenen Äußerungen, die hier qualifiziert werden. Und da aber diese Äußerungen unbestritten sind, bitte, liegt keine strafrechtliche Handlung vor. Ja. Ich bin auch der Meinung des Gerichts: Es geht um eine Rechtsfrage. Dankeschön.

Doris Trieb: Herr Oberschlick, schliessen Sie sich an oder wollen Sie auch noch etwas vorbringen?

„Ich werde dieses Recht durchsetzen“ Schlußwort des Herausgebers

G.O: Vielleicht nur eine Kleinigkeit. Erstens: ich schließe mich natürlich dem an.
Zweitens: Ich hatte im vergangenen November Gelegenheit, in Straßburg in einer ähnlichen Sache als Kläger aufzutreten, im dortigen öffentlichen Hearing, und hab’ mir erlaubt, dort zu sagen: Ich glaube mich berechtigt und werde dieses Recht durchsetzen, daß ich Tatsachen, Äußerungen, Handlungen, die im öffentlichen Raum geschehen sind, kritisiere ...

Doris Trieb: Das ist keine Kritik ...

G.O: ... und bezeichne ...

Doris Trieb: Jetzt muß ich gleich etwas dazusagen ...

G.O: ... und bezeichne mit den meiner Bewertung dieser Äußerungen, Tatsachen, Handlungen im öffentlichen Raum, meiner Bewertung entsprechenden Ausdrücken. Und ich werde mir diese Bewertung nicht verbieten lassen und auch nicht die Deutlichkeit der Bewertung, und auch nicht dadurch, daß man mir bestimmte Worte, die zum deutschen Sprachschatz gehören, verbietet. Ich werde allerdings niemanden beschimpfen ohne einen guten Grund, und wenn ich diesen guten Grund anführe, dann handelt es sich nicht um eine Beschimpfung, sondern um die Bewertung eines angeführten, und in diesem Fall auch unbestrittenen Sachverhaltes.

Im Namen der Republik „Schuldig!“

Doris Trieb: Alle Beweisanträge werden abgelehnt. Gerhard Oberschlick ist schuldig im Sinne des Strafantrages, er hat hiedurch das Vergehen der Beleidigung nach § 115 StGB begangen. Er wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe von zwanzig Tagessätzen zu je zweihundert Schilling, im Falle der Uneinbringlichkeit zu zehn Tagen Ersatzfreiheitsstrafe und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt. Der Herr Gerhard Oberschlick haftet auch als Haftungsbeteiligter für die Geldstrafe und die Verfahrenskosten gemäß § 35 Abs 1 Mediengesetz.

Zur Begründung (von Doris Trieb)

Wir haben, um etwas sehr Kurzes zu sagen, üblicherweise, nach unserem Sprachgebrauch und unserem sprachlich Üblichen, handelt sich’s bei „Trottel“ genauso wie bei Worten wie „Tepp“ und „Idiot“, „Sau“, „Schwein“ und so weiter, um weitere Beispiele zu nennen, ganz einfach um Schimpfworte, die eben nicht das sind, was Sie jetzt zuletzt angesprochen haben. Sie sind keine Kritik. Kritik ist eine sachliche Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt, und die nimmt Ihnen kein Gericht, auch kein österreichisches. Es ist ja schon jahrelang und längst Judikatur bei uns, daß man Sachverhalte, die man erwiesen hat oder die nicht von anderer Seite bestritten werden, kritisieren darf, es fragt sich nur, mit welchen Worten. Worte sind eben, wenn sie in unserem Sprachgebrauch als Schimpfworte gelten, wie hier der Fall, im Sinne des § 115 StGB, dafür gibt’s keinen Wahrheitsbeweis. Sie sind demnach auch keine Kritik, daß sie sich überhaupt mit dem Sachverhalt daher auseinandersetzen könnten, um den es hier gegangen wäre, vielleicht, sondern sie sind schlicht und einfach Schimpfworte, daher zu bestrafen im Sinne des § 115 StGB. — Ihre Rechtsmittelerklärungen, ich nehme an, Sie sind nicht zufrieden, Sie können Berufung einlegen, ...

G.O: Natürlich, Berufung.

Georg Krainer: Volle Berufung.

Doris Trieb: ... daß das Gesetz zu Ihrem Nachteil verletzt wurde, daß Sie eine zu hohe Strafe bekommen hätten — Berufung. Und Sie, Herr Doktor?

Dieter Böhmdorfer: Verzichte.

Doris Trieb: Rechtsmittelverzicht.

Dieter Böhmdorfer: Ja.

[Dauer der Verhandlung: 20 Minuten und 50 Sekunden. Die Richterin hatte die Verhandlung für 9 Uhr 50‚ den Beginn der nächsten auf 10 nach 10 angesetzt. Somit hat sie die präliminierte Zeitdauer um nur 50 Sekunden überschritten und hätte den nächsten Delinquenten fast pünktlich verarzten können, wäre sie nicht schon bei uns um fast 10 Minuten verspätet gekommen.]

*) Ich nicht. Ihr Wert liegt aber nicht darin, daß sie Soldaten waren oder gar es innerlich noch sind, sondern darin, daß sie es überlebten, wie mein Vater zum Glück. G.O.
**) Wußte ich nicht, bin aber bereit zu jedem Gespräch, auch über die Sinnhaftigkeit der Auseinandersetzung; zu einem Vergleich mit Herrn Haider allerdings erst, wenn er sich besinnt. G.O.

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