Flüchtlingshelfer auf der Flucht
Mit 15 Jahren kam Herwig Matzka zur Polizei, sein Vater bestimmte seine berufliche Zukunft. Beim Heer war er keine zwei Monate, als er wegen seiner Polizeizugehörigkeit vom Wehrdienst befreit wurde. 19 Jahre später wollte Matzka seinen Beruf wechseln. Durch die Arbeit mit Flüchtlingen war er zur Überzeugung gelangt, daß Konflikte nicht mit der Waffe gelöst werden können. Er wollte Zivildiener werden, wurde aber abgewiesen. Einen so späten Gewissenswandel verbietet das Gesetz, welches einen Antrag auf Zivildienst nur innerhalb eines Monats nach der Stellung erlaubt.
Stattdessen meldete sich Oberst Ehrlich von der Radetzkykaserne bei Herwig Matzka und forderte den Ex-Polizisten auf, für den Nachrichtendienst des Bundesheeres zu arbeiten. Von dessen Büro in der Kaserne hätte er schönen Blick über ganz Wien. Andernfalls würde man ihn einberufen und zur Flüchtlingsjagd an die burgenländisch-ungarische Grenze abkommandieren.
Weder diese Aussicht noch diejenige über die Stadt überzeugten Matzka, der heute in einem Übergangswohnheim der Caritas an der Integration von Flüchtligen arbeitet. Er legte gegen die Ablehnung seines Zivildienstantrags Beschwerde bei Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof ein. Erfolglos. Anträge seines Arbeitgebers auf Befreiung von der Wehrpflicht wurden ebenfalls abgelehnt. Minister Fasslabend teilte mit, daß „nach Interessensabwägung kein Anlaß gefunden werden konnte, den o.a. Wehrpflichtigen von der Verpflichtung zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes zu befreien“. Den Agenten des Bundesheeres gibt man nicht straflos einen Korb.
Als die Militärs Matzka nunmehr einen Einberufungsbefehl für den 22. Juli zustellten, mußte ihnen klar gewesen sein, daß sie ihn dadurch kriminalisieren. Matzka ist nicht in der Kaserne erschienen und derzeit auf der Flucht, eine gerichtliche Verurteilung wegen Nichtbefolgung des Einberufungsbefehls scheint unausweichlich. Seine Existenz droht durch einen Verteidigungsminister, der militärischen Gehorsam vor Gewissensfreiheit stellt, zerstört zu werden.
