FŒHN, Heft 23+24
 
1997

Wieder eine Tarn-Organisation

Unter dem Namen „Personenkomitee Pro Europa“ erschienen in den Tagen vor der Abstimmung, angefangen von kleinsten Vereinszeitschriften, in vielen Lokalblättern (z.B. „Oberländer Rundschau“), Wochenzeitungen (z.B. „Tirols Wirtschaft“, „Industrie“), Magazinen (z.B. „News“) und einer Reihe von Tageszeitungen (z.B. „Salzburger Nachrichten“) viertelseitige, halbseitige oder ganzseitige Anzeigen, randvoll mit Namen, die erklärten „Wir stimmen für Österreichs EU-Beitritt - Am 12. Juni: JA zu Europa!“ Obwohl es am Schluß des Inseraten-Textes heißt: „Und weitere 7.000 Österreicherinnen und Österreicher“, wiederholen sich in den verschiedenen Einschaltungen die angeführten Namen zum größten Teil immer wieder. Offenbar hatten kaum 500 Personen den Aufruf unterschrieben, was genaugenommen von den „weiteren 7000“ ja auch gar nicht behauptet worden war.

Etwas Wahres steht höchstens versehentlich in der Zeitung. Verhandlungsteam feiert: „Neutralität und Umwelt erledigt“ (Presse, 22.12.93)

Die Geschichte geht so: Organisator des „Personenkomitees“ war der langjährige Presse-Journalist und nunmehrige selbständige P.R.-Unternehmer Wolfgang Krones. Er ist nebenher Generalsekretär der Paneuropabewegung Österreich, die den widerlichen Gestank der Kaisergruft verströmt (Präsident Karl Habsburg) und - Wiederbetätigung hin oder her - den Arbeitermörder Dollfuß verehrt. Ihr politisches Heil scheint sie im Klerikalfaschismus zu suchen („Kirche als Bollwerk Gottes gegen die Welt des Teufels“, „gottgewollte Ordnung“, „Exkommunikation von Kirchen-Kritikern“), wie ihre Zeitschrift „Paneuropa Österreich“ überreich belegt, die vor allem von der Austria-Versicherung, der CA, der Ersten, der Giro-Credit und der Casinos Austria AG unterstützt wird. Die Paneuropabewegung hat als Sondernummer ihrer Zeitschrift eine Broschüre mit dem Titel „100 Lügen gegen Europa“ in einer Auflage von 20.000 Stück herausgebracht. Meinen Verdacht, dies habe wohl die VÖI bezahlt, macht Krones zur Tatsache: „Ja, dafür gab’s Geld von der Industriellenvereinigung.“ (Telefonat vom 7.11.1996) Und wie war das mit dem Personenkomitee? Hier soll es ca. zehn Proponenten gegeben haben, sagt er, von VP-Klubobmann H. Neisser über SP-Abg. R. Gmoser, FP-Bundesrat P. Kapral, LIF-Abg. F. Frischenschlager bis zum Grünen-GR H. Fux. „Die haben wir uns geholt“. Als Krones die Erfindung des „Personenkomitees“ der Presse vermelden konnte, strich er die oben genannten Namen besonders hervor (Standard, 7.5.94), sollten sie doch Signale in alle parteipolitischen Richtungen aussenden. Rupert Gmoser sagt dazu, „daß ich in dem zitierten Komitee nur eine Randerscheinung war. Wer die Schlüsselfiguren waren und welche Aktivitäten sie entwickelten, entzieht sich meiner Kenntnis.“ (Brief vom 6.9.96) Und Heinrich Neisser läßt mitteilen, daß ihm überhaupt „kein Personenkomitee ‘Pro Europa’ erinnerlich ist“ (Brief vom 3.10.96). Die wurden benützt. (Und haben sich benützen lassen.) Aber auch ihre Benützer wurden benützt. Organisiert hat die Inserate-Aktion wohl die Paneuropabewegung, der Anstoß und das Geld dazu kamen aber zweifellos von außen. So durfte der Monarchistenklub für die „Personenkomitee“-Anzeigen zwar seine unverdächtige Adresse im 4. Wiener Bezirk zur Verfügung stellen, mit seinem Vereinsnamen aber nicht mehr aufscheinen. Wenn man sich so eine Anzeige genau besieht, z.B. die in der Presse vom 1.6.94, fällt schnell auf, daß es darin wimmelt von Großgrundbesitzern (C.A. Goess-Saurau, R. Drasche-Wartinberg, Josef Czernin-Kinsky ...), Monarchisten, ÖVP-Politikern und vor allem Industriellen (M. Mautner-Markhof, F. Mayr-Melnhof, T. Mejstrik-Thonet, C. Zernatto ...), Industriellenfunktionären (Bachmann, Bertsch, Kapral, Krejci, Longin ...) und Figuren aus der Wirtschaftskammer (Maderthaner, Stummvoll ...), die ja in vielen wichtigen Fragen eine Filiale der VÖI ist. So ist es auch gar nicht verwunderlich, daß am Ende der Inserate nicht einmal eine Konto-Nr. angegeben zu werden brauchte, was sich PR-mäßig freilich sehr gut gemacht hätte. Vor lauter nicht notwendig, wurde darauf glatt vergessen. Zumindest Krones’ Frau, Geschäftsführerin der Olilvy & Mather Public Relations GmbH und selbst Paneuropa-Funktionärin, hätte dran denken können. Aber die Finanzierung der ganzen Kampagne stand wohl schon fest, bevor noch der erste prominente Namensträger für die Aktion gewonnen war. Auch hier haben ohne Zweifel über Vermittlung der Industriellenvereinigung einzelne Industrielle und vor allem diese selbst reichlich Mittel zur Verfügung gestellt. „Und es gab, glaub’ ich,“ kann sich der Habsburger-Krones plötzlich wieder erinnern, „auch eine Zuwendung der Bundeswirtschaftskammer. Nein, ganz sicher sogar.“ (Telefonat vom 7.11.96)

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