Wurzelwerk, Wurzelwerk Extra
September
1982

Präambel

Warum eine Alternative Liste Niederösterreich?

Die Parteibürokraten sind weder willens noch im Stande, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten. Ihre Politik orientiert sich an den Wünschen der wirtschaftlich Mächtigen, gleichzeitig entfernt sie sich immer weiter von den Bedürfnissen der Bevölkerung, deren Interessen sie nur dann im Mund führt, wenn sie sie wählen soll.

Die von den Kapitalinteressen geleitete und von der Bevölkerung entfremdete Politik drückt sich in vielfältiger Weise aus: Während die Parteibürokraten von „mehr Beteiligung der Bevölkerung“ und „mehr Demokratie“ reden, werden alle wichtigen Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg gefällt und auch gegen ihre Willen durchgesetzt; kritische Stimmen und Bürger, die ihre demokratischen Rechte in Anspruch nehmen wollen, werden diffamiert.

Während sie von „wachsendem Wohlstand“, „sozialer Sicherheit“ und „größerer Wirtschaftlichkeit“ reden, sind wir mit der Gefahr von hoher Arbeitslosigkeit, Reallohnverlusten und den Bestrebungen eines Abbaus von Sozialleistungen konfrontiert; sie bauen unwirtschaftliche Prestigeobjekte, deren Defizite die arbeitende Bevölkerung bezahlen muß.

Während sie von „Hebung der Lebensqualität“ und „Chancengleichheit“ reden, müssen viele Menschen mit einer unerträglichen Wohnsituation leben, werden Randgruppen, Frauen und Minderheiten nach wie vor benachteiligt, wird das Land von der Stadt immer mehr ausgebeutet.

Während sie von „Umweltschutz“ reden, fördem sie den umweltschädigenden Individualverkehr und zerstören unsere letzten Naturräume.

Während sie von „Sicherung des Friedens“ reden, werden immer mehr Rüstungsgüter produziert und exportiert, wird das Bundesheer aufgerüstet.

Die beiden im niederösterreichischen Landtag vertretenen Parteien (ÖVP, SPÖ) haben diese Situation, gegen die wir kämpfen, erst ermöglicht, folglich wäre es eine Illusion, zu glauben, sie könnten eine grundlegende gesellschaftliche Änderung bewirken. Die ÖVP, die die Mehrheit im Landtag hat, ist die Hauptverantwortliche für diese Politik. Die SPO, die die Opposition bildet, hat es relativ leicht, aus dieser Oppositionsrolle heraus zu kritisieren; trotzdem aber hat sie diese Politik zu einem großen Teil mitverantwortet. Dort, wo die SPÖ Landeshauptleute stellt, macht sie die gleiche bornierte Politik wie die ÖVP.

Die nicht im Landtag vertretene FPÖ, die sich als Alternative zu profilieren versucht, kann aber keine sinnvolle Alternative sein, denn zu offensichtlich ist ihre Überlappung mit nationalistischen und rechtsradikalen Kräften.

Auch die KPÖ kann für uns keine Altemative sein. Wenn sie auch einige fortschrittliche Vorschläge einbringt (z.B. zur Gesundheits- oder Kommunalpolitik), so ist sie doch eine Partei, deren wahres Gesicht sie z.B. in ihrer bedingungsiosen Unterstützung der Politik der Sowjetunion offen zeigt.

Eine alternative Politik kann daher nicht von den etablierten Parteien ausgehen, sondern nur von einer unabhängigen, politischen Gruppierung, die eine neue Form der Beteiligung der Bevölkerung am politischen (parlamentarischen und außerparlamentarischen) Entscheidungsprozeß anstrebt. Deshalb ist auch eine generelle Zusammenarbeit mit den traiditonellen Parteien nicht vorstellbar, wohl aber scheint eine punktuelle Kooperation mit den etablierten Parteien sinnvoll zu sein (z.B.: in der Frage der Kernenergie mit der FPÖ, oder in der Frage der Gesundheitspolitik mit der KPÖ).

Es ist höchste Zeit, den etablierten Lagern eine energische, eigenständige politische Kraft entgegenzusetzen, daher schlosen wir uns zur Alternativen Liste Niederösterreich (ALNÖ) zusammen.

Wer sind wir?

Die ALNÖ ist ein Zusammenschluß von Mitgliedern aus Bürgerinitiativen, Gewerkschafts-, Frauen-, Mieter- und Jugendgruppen, demokratischen Vereinigungen, Friedens- und Basisinitiativen und vielen Einzelpersonen, die mit der Politik der etablierten Parteien unzufrieden sind und zum Widerstand gegen die scheinbar allmächtige Bürokratie angetreten sind.

Wir haben uns zusammengeschlossen, weil wir erkannt haben, daß wir den gleichen Kampf führen, den Kampf gegen die bornierte Politik der Herrschenden. Wir haben uns zusammengeschlossen, weil wir erkannt haben, daß die verschiedenen Formen des Protests allein zu schwach sind, um wirklich etwas zu erreichen. Daher haben wir uns entschlossen, den etablierten Lagern gemeinsam eine entschlossene politische Kraft entgegenzusetzen. Wir führen zwar einen gemeinsamen Kampf, aber wir haben keine einheitliche Weltanschauung. Bei uns können und sollen Grupen und Einzelpersonen mit unterschiedlichen Weltanschauungen mitarbeiten.

Wenn wir auch keine gemeinsame Ideologie haben, so treten wir doch gemeinsam für

  • Selbstorganisierung, Selbstbestimmung und Selbstverwaltung in allen Bereichen
  • Basisdemokratie und
  • Umweltschutz,
  • und Gewaltfreiheit,

also für die Erarbeitung und politische Durchsetzung sozialer, ökologischer und ähnlicher Ziele ein. Diese Ziele sollen sowohl durch außerparlamentarische Arbeit, als auch durch die Teilnahme an Wahlen, erreicht werden.

Die ALNÖ ist basisdemokratisch strukturiert, daher schließt sie eine Zusammenarbeit mit reaktionären „grünen“ Gruppen, die sich gegen Entkriminalisierung der Abtreibung, gegen Ausländer und Minderheiten, gegen ein gerechtes Sozialsystem etc. wenden, aus. Das gleiche gilt natürlich für Befürworter offen rechtsradikaler, neofaschistischer oder rassistischer Weltanschauungen.

Wir fordern alle Bürgerinitiativen, Basis- und Initiativgruppen, sowie alle unorganisierten Demokraten auf, in der ALNÖ mitzuarbeiten, um so die Politik der ALNÖ mitzubestimmen und mitzuhelfen, daß endlich auch in Niederösterreich eine schlagkräftige Alternative zu den herrschenden politischen Verhältnissen entstehen kann.

Dieser Diskussionsvorschlag für eine Präambel der ALNÖ wurde eingebracht von: Erwin Xhenemont, Herbert Sunk und Christian Mokricky (alle AL Baden).

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