Mao: Ich bin kein Genie
Mitte August bis zum 12. September 1971, dem Tag der Flucht Lin Piaos (die bekanntlich mit dem Absturz des Flugzeugs in der Mongolei endete), unternahm der Vorsitzende Mao eine Reise durch die chinesische Provinz, auf der er die Leiter der Regionen mit seiner Kritik an Lin Piao bekannt machte. Nachfolgend ein Auszug aus den Protokollnotizen dieser Gespräche.
Ich glaube, ihr Blitzangriff, ihre Untergrundarbeit war geplant und organisiert, sie hatte ein Programm. Ihr Programm war die Einsetzung eines neuen Staatspräsidenten, die Propagierung eines „Genies“, die Gegnerschaft zur Linie des IX. Parteitages. Die drei Tagesordnungspunkte des Zweiten Plenums des IX. Zentralkomitees wollten sie umstürzen. Es gab Leute, die dachten voreilig daran, Staatspräsident zu werden. Sie wollten die Partei spalten und gierten danach, die Macht zu ergreifen. Die Frage des „Genies“ ist ein theoretisches Problem; sie hingen einem idealistischen Apriorismus an. Sie behaupteten, gegen „Genie“-Propaganda zu sein bedeute eine Auflehnung gegen mich. Doch ich bin kein Genie, ich habe sechs Jahre lang die Bücher des Konfuzius gelesen und danach sieben Jahre die Bücher des Kapitalismus. Erst 1918 habe ich mich in den Marxismus-Leninismus eingelesen, wie könnte ich da ein Genie sein?
Ich hatte das mit dem Genossen Lin Piao bereits erörtert, er sagte einiges, was nicht so ganz passend war ... Dem Namen nach „stellte er mich heraus“, doch man wußte nicht, wen er eigentlich „herausstellen“ wollte, um es einmal deutlich zu sagen, er „stellte sich selbst heraus“. Außerdem heißt es doch immer, die Volksbefreiungsarmee sei von mir begründet und geführt worden und werde von Lin persönlich kommandiert; wenn man sie begründet hat, kann man sie dann etwa nicht mehr kommandieren! Begründet habe ich sie außerdem nicht alleine.
a.a.O., S. 197ff