Medienecke
April
1993

Hände weg

Österreich. (drea) Die Hoffnung auf eine Liberalisierung der Rundfunklandschaft in Österreich, in Folge welcher öffentlich-rechtlicher Rundfunk, kommerzieller Privatfunk und Freie (nicht kommerzielle) Radios gesetzlich verankert werden sollen, ist im Schwinden begriffen. Der Regionalradiogesetzesentwurf, den die Regierung vorgelegt hat, und welcher nach Wunsch von Josef Cap und Ferdinand Maier noch vor dem Sommer beschlossen werden soll, eröffnet zwar kommerziellen RadioanbieterInnen weitestgehende Möglichkeiten bei der Verwirklichung ihrer Ätherträume, Freie Radios sind jedoch nicht vorgesehen.

Funktionierende Modelle von Freien Radios in den verschiedensten Staaten fanden bei der Legislative ebensowenig Beachtung wie die erst vor kurzem ausgesprochene Aufforderung des Europäischen Parlaments, Freie Radios nicht nur zu berücksichtigen, sondern sogar zu fördern.

Ebenso spiegeln die Reaktionen der Exekutive die medienpolitische Situation in diesem Land wider. In den vergangenen Wochen kam es zu einer vermehrten Verfolgung der BetreiberInnen des Freien Radios in Wien: Innerhalb eines Monats (am 3.3., 8.3, 2.4. und 5.4.1993) wurden vier Sendeanlagen konfisziert. Erstmals seit Bestehen des Freien Radios mußte der Sendebetrieb aufgrund technischer, vor allem aber finanzieller Engpässe vorübergehend (ca. zehn Tage) eingestellt werden. Die Exekutive beschränkte sich nicht auf die sonst üblichen Beschlagnahmungen, sondern griff zu rigideren Mitteln. Die Funküberwachung, in Begleitung der Sicherheitsbehörde, führte ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl drei Hausdurchsuchungen in Privathaushalten und eine im Büro der Pressure Group für Freies Radio durch. Eine derartige Vorgehensweise, die sich ausschließlich auf vermutete Verwaltungsdelikte gegründet hat, läßt wohl ausreichende Rückschlüsse auf den politischen Willen der Verantwortlichen zu. Freie Radios sind den Regierungsparteien keine Silbe wert und erfahren auch nicht die von der EG geforderte Unterstützung. Diese Ignoranz stellt jedoch nicht den einzigen Kritikpunkt am vorliegenden Entwurf zum Regionalradiogesetz dar.

Der vorgesehene Frequenznutzungsplan (§ 2) basiert auf einem völlig veralteten Stand der Technik. Die Existenz von Low Power-Frequenzen für den lokalen Sendebereich ist offenbar noch nicht bis zu den Gesetzgebenden durchgedrungen. Dieser Plan, ein Relikt aus den Tagen, als Frequenzen nur an den ORF vergeben worden sind, soll die Basis für die zukünftige Frequenznutzung bilden. Die Neuerstellung eines Frequenzplanes, wie ihn die Pressure Group für Freies Radio und die Grüne Alternative seit langem fordern und welche in anderen Staaten in regelmäßigen Abständen gang und gäbe ist, wird von der Regierung nicht in Erwägung gezogen.

§ 10 regelt die Beteiligung von MedieninhaberInnen. Eine 33%ige Beteiligung von MedieninhaberInnen in Form einer Kapitalgesellschaft in einem Bundesland und weitere Beteiligungsmöglichkeiten in je zwei Bundesländern in der Höhe von jeweils 10% stellen keine ernstzunehmenden Behinderungen für Medienkonzerne am Berreiben von bundesweiten Radios oder für die Installierung von Konzernketten dar, was einer weiteren Medienkonzentration gleichkommt.

Die Errichtung einer (!) zentrlen (!) Rundfunkbehörde (§ 13) für das gesamte Bundesgebiet soll nach österreichischen, also sozialpartnerschaftlichen und parteiproporzmäßigen Richlinien, besetzt werden und für die Lizenzvergabe zuständig sein; beinahe überflüssig, zu erwähnen, daß damit den Parteien Durchgriffsrechte eingeräumt werden. Im Gegenzug dazu schlagen Pressure Group und Grüne Alternative die Installierung von Landesradiokommissionen vor, deren Besetzung nach fachlichen Kriterien vorgenommen werden soll.

Freie Radios sind die einzigen, die einen freien Zugang zu diesem Medium ermöglichen und somit eine bedeutende Aufgabe zur Wahrung des Menschenrechtes auf freie Meinungsäußerung gewährleisten.

Wenn ein zukünftiges Radiogesetz die Einrichtung und die Förderung von Freien Radios nicht festschreibt, führt sich die Idee einer demokratischen Gesellschaftsordnung selbst ad absurdum.

aus: Juridikum 2/93, Seite 7

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