FŒHN, Heft 18
 
1993

Eine kleine Abschweifung

Neben dem Weg über die Industriellenvereinigung haben die Geldigen in Tirol schon lange auch andere Pfade benützt, um aus dem Landesparlament eine Parodie auf ein Landesparlament zu machen. Hast du, liebe Leserin, lieber Leser, schon einmal etwas vom Verband selbständig Wirtschaftstreibender gehört? Ist nichts in der Zeitung gestanden darüber? Oder vom Verband Christlicher Unternehmer? Oder von der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft? Hat man nichts im Radio gehört davon? Oder vom Verein Die Brücke Institut für soziale Markwirtschaft?

Die Idee dieser ’Fördergesellschaften’ kommt aus Deutschland, wo sich seinerzeit Großunternehmer zum Zwecke der Finanzierung der Adenauer-Politik unter Umgehung der Öffentlichkeit zu solchen Vereinen zusammengeschlossen haben. So wie es in Düsseldorf einen entsprechenden Verein zur -Förderung der sozialen Marktwirtschaft in NRW gibt, so gibt es in Innsbruck das Institut für soziale Marktwirtschaft mit dem schönen Vereinsnamen Die Brücke (gegr. 1953). Zu wem schlagen die hier vereinten Unternehmer (Mölk, Heoscont Chemie, Alpine Chemische AG, Wohnungseigentum usw.), deren Mitgliedsbeitrag sich nach Umsatz und Beschäftigtenzahl richtet, diese Brücke? Die Person des Vereinspräsidenten, L. Bassetti, Landesrat i. R., weist in Richtung ÖVP. Eine Annahme, die wir Bassetti im August brieflich mitgeteilt haben und von ihm nicht dementiert wurde.

Aus den Vereins-Statuten der Brücke

Während Die Brücke in der Öffentlichkeit absolut keine sichtbare Tätigkeit entfaltet, ist die Volkswirtschaftliche Gesellschaft für Tirol, 1966 unter anderem von den Industriellen Schwarzkopf (Plansee) und Heiß (Tirolia) und den Finanzwissenschaftern Koren und Andreae gegründet, äußerst umtriebig. Wie uns der Geschäftsführer dieses Vereins mitteilt, ’wurde die Idee aus Bayern von der dortigen Volkswirtschaftlichen Gesellschaft übernommen’ (Schreiben vom 14.9.92), jener Volkswirtschaftlichen Gesellschaft e.V. in München, die (wie in wissenschaftlichen Publikationen ausgewiesen wird) zum Zwecke der Parteienfinanzierung errichtet worden war. Präsident der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft ist heute der Direktor der Adambräu Ges.m.b.H., J. Auckenthaler, vor ihm stand lange Jahre der spätere Präsident der Industriellenvereinigung, M. Huter, dem Verein vor. Von der Industriellenvereinigung kommt auch der größte Batzen Geld. Sie zahlt an die Volkswirtschaftliche Gesellschaft neben üppigen Mitgliedsbeiträgen auch noch üppige Förderungsbeiträge.
Ebenfalls aufs innigste verfilzt ist die Industriellenvereinigung mit einem Verein, der sich (wirklich !) Verband Christlicher Unternehmer Tirols (VCU) nennt (gegr. 1960). Als sein langjähriger Präsident, der Bauindustrielle M. Huter, zum Präsidenten der VOI wurde, folgte ihm der Banker 0. Kaspar nach, Direktor der BTV, der Hausbank der Industriellenvereinigung. Wer sagt, der VCU beschäftige sich mit Parteienfinanzierung? Im Verband Christlicher Unternehmer wird doch für den Wahlerfolg der ÖVP nur gebetet.
Unter derselben Adresse wie die Vereinigung Österreichischer Industrieller findet sich der Verband selbständig Wirtschaftstreibender (VSW, gegr. 1952). Sein Geschäftsführer ist Bachmann, der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung. Sein Vorsitzender ist der Innsbrucker Stadtrat G. Greil, gleichzeitig Vizepräsident der Industriellenvereinigung. In bedeutenden Funktionen beim VSW sind auch noch die bereits genannten Bassetti, Katzenbergcr und Keimel.

Übrigens hat sich auch die Voralberger Industriellenvereinigung seinerzeit einen VSW gegründet. Auch dort wurde als Geschäftsführer der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung eingesetzt. Dieser hat immerhin einmal (A. Pelinka gegenüber) die Abwicklung der Parteienfinanzierung aus Mitteln der VÖI als Hauptaufgabe des Verbandes selbständig Wirtschaftstreibender bezeichnet. Bachmann hingegen hat meine Feststellung, daß sich der VSW ’der Parteienfinanzierung verschrieben hat’, als ’polemisierende Falschdarstellung, die ich aufs schärfste zurückweise’, abgetan (Schreiben vom 29.7.92). Wir werden seiner Falschdarstellung also in diesem Heft mit Dokumenten begegnen müssen. Daß diese wie alle hier gezeigten ursprünglich nicht für das Licht der Öffentlichkeit gedacht waren, dürfte der einzige Mangel sein, der ihnen anhaftet.

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