Heft 4-5/2003
August
2003

Antiisraelischer Antirassismus

Was auf den ersten Blick als unvereinbar erscheint und doch möglich ist, soll im Folgenden dargelegt wer­den. Dass dabei der Antirassismus seinem Namen nicht gerecht wird, liegt auf der Hand.

Beim Kulturverein Kanafani sind laut Eigendefinition Leute aus den arabischen Ländern, der Türkei und aus Österreich „mit unterschied­lichen Weltanschauungen“ aktiv, um gegen institutionel­len Rassismus aufzutreten. Der „Kampf der Kulturen“ wird abgelehnt und der „anti­islamische“ und antiarabische Rassismus soll speziell bekämpft werden. Daraus wird ersichtlich, dass Ideologie­kritik nicht zu den Themen des Vereins gehört. Doch oh­ne Kritik der christlichen, wie auch der islamischen „Kultur“ ist eine Zurückweisung des Huntington’schen Kon­zepts nicht machbar. Benannt wurde der Verein nach Ghassan Kanafani (1936-1972), einem palästinensischen Schriftsteller, Mitglied der PFLP und Verfasser von Er­zählungen wie etwa „Das Land der traurigen Orangen“, „Bis wir zurückkehren“ und Kurzromanen wie etwa „Rückkehr nach Haifa“. Die Titel dieser „Vertriebenenliteratur“ sind selbstredend, der Stil ist, ge­linde gesagt, schwülstig. Er wurde in Beirut durch eine Autobombe getötet.

Am 07.06.2003 präsen­tierte der Verein an der Uni Wien das Buch „Der Tod ist ein Geschenk“ von Raid Sabbah, einem gebürtigen Deut­schen mit palästinensischen Vorfahren. In diesem, dem Todeskult huldigenden Werk findet sich ein in Jenin geführtes Interview mit einem potenziellen Selbstmordter­roristen, dessen Name geändert wurde. Dieses in der Ich-Form geschriebene Buch ist aber nicht authentisch; es wurde aus vielen Biographien zusammengebastelt und be­inhaltet Eindrücke des Au­tors und die Historie verfäl­schende Einschübe.

Auf der Buchpräsentation selbst wurde um Empathie für die Selbstmordattentäter geworben. Die Terroranschläge wurden vom Autor zwar ab­gelehnt (und ihr religiöser In­halt bezweifelt), aber nur des­halb, weil „diese Leben sinn­los zerstört werden“. Die Le­gitimität der Anschläge stand für ihn und für das Publikum außer Zweifel. Die Diskussion danach bot fast die gesamte Palette an antizionistischen und antisemitischen Ressentiments. Die ÖsterreicherInnen müs­sen sich endlich von Schuld­gefühlen gegenüber den Jüd­innen und Juden lösen, jam­merte es aus dem Publikum. Die ahistorische Betrachtung des Nahost-Konflikts schlug sich unter anderem in einer Aussage aus dem Publikum, dass 1948 ein „friedliches Volk“ (d.h. die Palästinen­serInnen) überfallen wurde, nieder. Das Westjordanland wurde mit dem Warschauer Ghetto verglichen, die „Auschwitz-Keule“ verhindere eine objektive Berichterstat­tung, usw., usf. Die Shoah wurde, wenig verwunderlich, in Frage gestellt und nach Widerspruch einer Frau, schwenkte der Zuhörer ein und relativierte nur mehr das Ausmaß!

Die Ideologie vom Djihad, dem der Interviewte angehörte, war kein Thema, um keine Kritik daran üben zu müssen. Vom Frieden wurde geredet, aber gleichzeitig zumindest Verständnis für antisemiti­schen Terror eingefordert. Kri­tikerInnen können da schnell zu RassistInnen und Kriegs­treiberInnen werden.

Eingebettet war diese Ver­anstaltung in eine mehr­wöchige Reihe, bestehend aus Frauentanzfesten, Vor­führungen der Filme „Hasen­jagd“ (Ö, 1994) von Andreas Gruber und „Harold und Maude“ (USA, 1971), mit der Musik von Cat Stevens. Letzterer wurde aber nicht als Reminiszenz an die Hippie­ära beworben; auf dem Flyer wurde der in den 80er Jah­ren zum Islam konvertierte Stevens, der sich nunmehr Yussuf Islam nennt, präsen­tiert!

In „Hasenjagd“ wird die wahre Geschichte der „Mühl­viertler Hasenjagd“ darge­stellt. 1944/45 wurden sowje­tische Kriegsgefangene, die aus dem KZ Mauthausen flüchten konnten, von der Bevölkerung gejagt und grau­sam ermordet. Der Einla­dungstext legt viel Wert auf die Bedeutung der Opferung des eigenen Lebens für die Gruppe; diese Opferrolle wird im Film keineswegs be­tont und entspringt eher der Märtyrergeilheit der Veran­stalterInnen. Die Opferung des eigenen Lebens hatte den Sinn, anderes Leben zu ret­ten, stand also im krassen Gegensatz zu den heutigen „Märtyrern“. Die Verbindung dieses Films mit dem Buch soll wohl suggerieren, dass die PalästinenserInnen heute in einer ähnlichen, wenn nicht gar glei­chen Situation seien, wie da­mals die sowjetischen Häft­linge. Der Einladungstext ver­mittelt unweigerlich diesen, vermutlich gewollten und dar­um umso zynischeren Ein­druck.

Derartige Formen von „In­terkulturalität“ wurden nicht nur von diversen islamischen Vereinen, sondern bedenk­licherweise von der ÖH und, weniger verwunderlich, der SPÖ Wien unterstützt!

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